Weder Zifferblatt noch Zeiger sind an dem reich ausgearbeiteten Möbelstück mit figürlicher Bekrönung zu erkennen, und doch verbirgt sich im Gehäuse ein Uhrwerk, das ein Flötenwerk ausgelöst hat. Beide Mechaniken befinden sich im verspiegelten Kasten des auf querrechteckigem Grundriss stehenden zweigeschossigen Gehäuses, das auf einem profilierten, auf vier Metallrollen lagernden Sockel ruht. Die beiden Kranzgesimse – das untere auskragend, das obere eingezogen – sind auf Eckpilastern gelagert, mit dazwischenliegenden Kassetten. Die Pilaster sind mit Ranken und darüber liegenden Rosetten aus vergoldeter Bronze verziert. Auf der Vorderseite des Unterkastens ist eine lorbeerumkränzte Alabasterplatte eingelassen, die nicht zur originalen Ausstattung der Uhr gehört und nachträglich angebracht wurde. Ursprünglich zierte wahrscheinlich ein Relief mit der Darstellung der Glücksgöttin Fortuna diese Stelle. Die Pilasterspiegel des Obergeschosses sind mit kannelierten Alabasterplatten belegt, die unter dem Gesims mit vergoldeten antikischen Masken abschließen. Die vordere Kassette ist verspiegelt, an den beiden Seiten befinden sich die Schallöffnungen, die mit gelber Seide neu bespannt wurden. Über dem oberen Kasten, auf einer Grundplatte aus Marmor, thront die vollplastische Sitzfigur der Urania, Muse der Astronomie und Zeitrechnung, charakterisiert durch den messingvergoldeten Sternenkranz auf ihrem Kopf und weiteren Attributen: Eine Schriftrolle in der linken Hand haltend, stützt sie sich mit der rechten Hand auf einen Himmelsglobus, der auf zwei Folianten liegt. Den Globus umspannt ein beweglicher Stundenkranz mit römischen Ziffern. Ein heute nicht mehr erhaltener Gegenstand in der rechten Hand der Urania zeigte die Stunden an.
Stilistisch ist diese Uhr ein Beispiel frühklassizistischer Gestaltung. Für den Entwurf des Gehäuses war vermutlich der Landschaftsmaler Peter Ludwig Lütke (1759-1831), Professor der Berliner Akademie der Künste, verantwortlich. Im Juli 1799 besuchte das preußische Königspaar, Friedrich Wilhelm III. und Luise, die Werkstatt von Christian Möllinger und erwähnte eine Flötenuhr, die mit einem figürlichen Aufsatz der Urania über einem tempelartigen Unterbau bekrönt war. Im Bericht von A. Cohnfeld wurden die hieran beteiligten Künstler benannt: „Das Gestelle dieser kunstvollen Uhr [...] war nach einer Zeichnung des Professors bei der Berliner Akademie der Künste, Landschaftsmalers Lüdcke, gemacht.“ Als Bildhauer der Urania konnte der Künstler Emanuel Bardou (1744-1818) ermittelt werden, den auch Cohnfeld nennt und der vermutlich auch das am Postament ursprünglich eingelassene und verloren gegangene Relief mit der Fortuna ausgeführt hat (Hinweis von Michael Puls). Diese Uhr entspricht der 1976 im Londoner Auktionshaus Sotheby‘s angebotenen mit der gleichartigen Sitzfigur. Insofern kann vermutet werden, dass beide Künstler auch die hier beschriebene, schon 1797 entstandene Uhr gemeinsam ausgeführt haben könnten. Weder der Auftraggeber noch der ursprüngliche Standort konnten bisher ermittelt werden. Den einzigen Hinweis auf die Geschichte dieser Uhr gibt die Ausstellung im Goldenen Saal des Leipziger Krystall-Palastes im Jahr 1900. Unter dem Titel „Altertümliche und historische Uhren aus dem Musikhistorischen Museum“ stellte der Sammler Paul de Wit Objekte aus seinen Beständen vor, zu denen offenbar auch diese Flötenuhr gehörte. Ein Foto, das in der Beilage der Zeitschrift „Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst“ veröffentlicht wurde, zeigt die Uhr auf dieser Präsentation. In de Wits Katalog von 1904 ist die Uhr unter der Rubrik „Mechanische Musikinstrumente“ nicht aufgeführt. Diese Sammlung wurde 1905 nach Köln, an den Papierfabrikanten Wilhelm Heyer verkauft, der 1913 sein „Musikhistorisches Museum“ eröffnete. Es ist kaum zu vermuten, dass die Uhr zum Bestand des Kölner Museums gehört hat, im kleinen Katalog von Heyer 1913 ist sie nicht verzeichnet. Heyers Sammlung wurde 1926 von der Universität Leipzig erworben.
1976 wurde die Uhr auf einer Auktion im Münchner Kunstauktionshaus Rudolf Neumeister angeboten. Das Gehäuse war beschädigt und das Flötenwerk nicht funktionstüchtig. Der Verein der Freunde und Förderer des Berlin-Museum hat die Uhr erworben und diese der Möbelsammlung als Dauerleihgabe übergeben. Im Auktionskatalog zu einem Preis von 4.000 DM angeboten, wurde schließlich eine Summe von 11.500 Mark gezahlt. 1979 ersetzte der Restaurator des Musikinstrumentenmuseums Berlin, Horst Rase, fehlende Pfeifen und reparierte die Walze. Das Gehäuse wurde vom Restaurator Robert Wessling überarbeitet. Die Flötenuhr war bis zur Schließung des Schlosses Friedrichsfelde als Dependance des Stadtmuseums Berlin 2009 in diesen Räumen ausgestellt. Danach erhielt die Uhr ihren heutigen Standort im Knoblauchhaus. Das Flötenwerk war jahrelang nicht funktionstüchtig. 2014/15 hat der Restaurator Horst Riesebeck die Walze restauriert und das Spielwerk wieder in Gang gesetzt. (Anne Franzkowiak)