Die an einen Tempel erinnernde Portaluhr wurde um 1790 in Berlin von Christian Möllinger geschaffen. Auf einer schmalen rechteckigen Plinthe ruhen links und rechts je vier Säulen auf einem vorn verzierten Quadrat. Zwischen den Säulen befinden sich vier leicht konvex geschwungene Treppenstufen, die zu einer zweiflügeligen Scheintür hinaufführen. Die Säulen tragen einen Architrav, der sich in der Mitte im Halbkreis aufwölbt und mit Tierkreiszeichen als Applikationen geschmückt ist. Darüber an den Ecken als Abschluss eine Balustrade, die je zwei Deckelvasen trägt. Auf der Wölbung des Gesimses ruht eine Sphinx. Die Uhr kann in ihrer Gestaltung der Modeerscheinung Ägyptomanie zugeordnet werden. Ausgelöst wurde diese durch die Ägyptische Expedition Napoleon Bonapartes in den Jahren 1789-1801. In ganz Europa fand diese Mode Anklang, von der Kleidung bis zur Architektur und Inneneinrichtungen.
In der Mitte unterhalb des Gesimses präsentiert sich das Uhrwerk mit fünf emaillierten Ziffernblättern. Es wird von einer vergoldeten Lünette mit originalem Glas geschützt. Unter dem Uhrwerk sind auf den Scheintüren vier gerahmte Kassetten, die oberen zeigen Gehänge mit allegorischen Attributen, in den unteren zwei nackte Jünglinge, die ein bewegtes schmales Tuch halten. Das gesamte Uhrgehäuse ist in einem dunkelbraunen Ton gefasst, wobei die Säulen marmoriert wurden. Alle Applikationen sind aus einer Imitationsmasse hergestellt, entweder aus Papiermaché oder einer Holzmasse. Diese wurde in Formen gepresst und anschließend gefasst. Die Sphinx ist aus Holz geschnitzt. Der Grundkörper des Gehäuses besteht ebenfalls aus Holz. Die Applikationen und so auch die Sphinx wurden mit einer Polimentvergoldung matt gefasst. Auf der Rückwand befindet sich oben ein Aufkleber von „R. Gowland / House painter / Decorator, Carver, Gilder“ in „York“. Dieser Aufkleber lässt vermuten, dass das Gehäuse im nordenglischen York hergestellt oder dort aufgearbeitet wurde. Konnte Möllinger diese Uhr nach England verkaufen, oder kaufte er dort das Gehäuse?
Die Uhr wurde 1969 vom Verein der Freunde und Förderer des Berlin Museums vom Kunsthaus Loewi-Robertson in Los Angeles angekauft. Adolph (Adolpho) Loewi (1888–1977) war ein deutsch-jüdischer Kunst- und Antiquitätenhändler. Er ist vor allem als Textilhändler bekannt. Er eröffnete 1911 eine Galerie in Venedig im Palazzo Nani-Mocenigo, 960, San Trovaso, und 1933–1934 eine Niederlassung in New York. Er verließ Italien 1939 und übergab die Firma an Alessandro Morandotti, der den Bestand nach Rom verlegte und die Firma Antiquaria im Palazzo Massimo gründete. Loewi ließ sich in Los Angeles nieder und eröffnete das Geschäft Adolph Loewi, Inc. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab Morandotti die Firma an Loewi zurück, der in Los Angeles blieb. Morandotti kaufte die Rom-Galerie 1950 von Loewi. Das Textilgeschäft wurde schließlich als Loewi-Robertson unter der Leitung von Loewis Tochter Kay Robertson und ihrem Ehemann in Los Angeles weitergeführt. Möglicherweise steht die Zollmarke im Innern des gewölbten, abnehmbaren Gesimses an der Uhr mit dem Aufdruck „DOGANA ITALIANA MERCI VISITATE“ im Zusammenhang mit der Firmenrückgabe Morandottis an Loewi. (Marina de Fümel)