Diese Konsoluhr des späten 19. Jahrhunderts folgt dem Vorbild französischer Louis XV.-Pendulen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und war in ihrer Zeit vermutlich ein kostbares Ausstattungsstück für einen begüterten Berliner Bürger. Sowohl Gehäuse als auch Wandkonsole sind reich mit rötlichem Schildpattimitat und Messingintarsien ausgelegt. Die vergoldeten Bronzen in Form von rankenden Pflanzen mit Blüten wurden an allen seitlichen Kanten, aber auch flächig montiert. Unten enden diese in sich nach außen rollenden Füßen. Oben der Baldachin, der nicht abnehmbar ist, wird von einer sich wild nach oben schlängelnder Blattpflanze bekrönt. Ursprünglich verbarg sich unter den abnehmbaren Baldachinen bei Uhren des 18. Jahrhunderts die Bronzeglocke. Hier wurde die Glocke hinten am Uhrwerk montiert, wie es bei den französischen Werken von Japy üblich ist. Die Bronzen an der Konsole, die sich nach unten schwungvoll verjüngt, enden in einer stilisierten Muschel. Die Messingintarsien sind zudem reich graviert und mit Gravurkitt ausgelegt. Auch das Zifferblatt wurde nach den Uhren des 18. Jahrhunderts gestaltet, in der Art Treize pièces, jedoch in einem Stück gefertigt.
Das Stadtmuseum besitzt drei weitere Kaminuhren von Johannes Hartmann, die auf den ersten Blick alle in der sogenannten Boulle-Technik gearbeitet wurden. Diese gelten als hochwertige Schildpattarbeiten. Franka Görike stellte jedoch 2009 mit Hilfe einer Analyse fest, dass es sich bei dem hier verwendeten Material um ein Surrogat handelt, das farbig hinterlegt ist, um den Eindruck von Schildpatt zu erwecken. In der historischen Literatur wird der Herstellungsprozess von Schildpatt-Imitationen genauestens beschrieben. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte man, kostbare Materialien durch Imitationen zu ersetzen, um den Konsum von Luxusgütern auch Menschen mit kleinerem Geldbeutel zu ermöglichen. Es ist bisher nicht bekannt, wo die Gehäuse gefertigt wurden. Nachweislich existierte in Berlin in dieser Zeit die hervorragende Intarsien-Werkstatt Nast, die zum Beispiel für die Herstellung in Frage käme. Der Grundkorpus der Gehäuse ist sehr robust, die Einlegearbeiten äußerst fein gearbeitet. Eine Kaminuhr auf einem Sockel, ebenfalls von Hartmann, die im Knoblauchhaus in Berlin ausgestellt ist, wurde 2009 restauriert und in diesem Zusammenhang die Analyse durchgeführt. Beide Uhren besitzen ein Japy-Uhrwerk. Zwei weitere Kaminuhren, die mit einer Höhe von fast 80 cm sehr groß sind, besitzen ein quadratisches Uhrwerk, das Hartmann häufig benutzte. Auch bei diesen beiden Uhren wurde das Surrogat mit rot gefärbtem Papier unterlegt. Es ist zu vermuten, dass alle Uhren von Hartmann in „Boulle-Technik“ mit einem Schildpattsurrogat ausgestattet wurden. Papieraufkleber an seinen Uhren zeigen, dass Hartmann sich auch als Uhrenfabrikant bezeichnete.
Die Firmengeschichte Johannes Hartmanns beginnt mit der Firmengründung von Georg Nevir 1763, Hofuhrmacher von Friedrich dem Großen, der nach 1800 das Geschäft an Benjamin Friedrich Schunigk übergab. Nach dessen Tode übernahm Nevirs Sohn Dominique wieder die Firma und veräußerte diese 1856 an Johannes Hartmann, der sie bis 1872 weiterführte. Die Firma bestand bis 1938 unter dem Namen „Joh.s Hartmann vorm. D. Nevir“ weiter.
Das Stadtmuseum Berlin kaufte die Uhr 1995 vom Uhrenrestaurator Jörg Hein, Berlin. (Marina de Fümel)