Louis Petitot gehörte zu den Nachfahren der Hugenotten, die 1685 als Flüchtlinge nach Berlin kamen. In der Literatur wird ein Jean Petitot erwähnt, der 1607 in Genf geboren wurde und ein berühmter Uhrgehäuse-Emailleur war. Er ging – um als Protestant nicht die Religion wechseln zu müssen – um 1686 nach England, wo er 1691 starb. Seine Miniaturmalereien sind signiert mit J. Petitot 1638 oder J. Petitot fec. 1640. Tardy erwähnt außerdem einen Hugenotten, einen Uhrmacher Petitot, der 1700 in Berlin eine Manufaktur betrieb. Vermutlich handelt es sich dabei um Louis Petitot. 1747 werden in den Berliner Bürgerbüchern Petitot der Ältere und Petitot der Jüngere erwähnt, ab 1755 nur noch Petitot der Jüngere.
Mit steigender Einwohnerzahl wuchs in Berlin im 18. Jahrhundert auch der Bedarf an Luxusgütern. So ließen sich in der Residenzstadt zu dieser Zeit immer mehr Kleinuhrmacher nieder, die die große Nachfrage nach kleinen, tragbaren Uhren erfüllten. Viele Diebstahlsanzeigen in zeitgenössischen Tageszeitungen verweisen auf den Wert und die Attraktivität einer Taschenuhr. Exzellente Uhrmacher wie Louis Petitot schufen zum Anfang des 18. Jahrhunderts Taschenuhren von guter bis ausgezeichneter Qualität. Die Palette reichte von der silbernen, der vergoldeten bis zur goldenen Taschenuhr, je nach Wunsch des Kunden. Das emaillierte Zifferblatt zeigt, dass die Kunst des Emaillierens in Berlin zu Hause war. Diese neue Mode erleichtere das Ablesen der Zeit. Frühere Berliner Taschenuhren mit einem Emailzifferblatt, als die von L. Petitot, sind nicht bekannt. Louis Petitot signierte sowohl das Zifferblatt als auch das Werk mit L. PETITOT A BERLIN. Die Uhr wird von einem Übergehäuse geschützt. Im Boden des Übergehäuses ist ein Werbezettel des Uhrmachers F. Webersinke erhalten, „F. Webersinke Uhrmacher macht und verkauft alle Sorten von Uhren. Neue Roßstr. 22“. Webersinke wird ab etwa 1826 in den Berliner Adressbüchern erwähnt. Dass Webersinke die Uhr etwa einhundert Jahre nach ihrer Entstehung mit seinem Werbeschild versieht, zeigt, dass die Uhr immer noch im Gebrauch war. Mehrere Reparaturzeichen wie R.H. 1890; 16.5.32; 328,10,66 H.W. zeigen, dass sie ein gewisses Wertobjekt darstellte.
Die Uhr stammt aus dem Nachlass der Dichterin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach (1830-1916), die 1879 in Wien das Uhrmacherhandwerk erlernt hatte und eine bedeutende Sammlung an Formuhren besaß. Nach ihrem Tod gelangte die Sammlung durch eine Stiftung der Großindustriellen Dr. Karl Skoda und Bernhard Wetzler an das Wiener Uhrenmuseum. Im Zweiten Weltkrieg ging ein Großteil verloren. Das Berlin Museum erwarb die Taschenuhr Petitots 1987 von Fredy Schwierkus, Berlin. Neben der hier vorgestellten Taschenuhr befindet sich eine ähnliche von Petitot im Mathematischen-Physikalischen-Salon in Dresden, Inv.Nr. D IVa131. (Marina de Fümel)