Die Fahne der im Jahre 1900 gegründeten "Vereinigung der Molkereibesitzer Weissensees" zeugt von dem Stolz dieses Berufsstandes in Weißensee. 1898 gab es in Weißensee 35 Abmelkbetriebe ("Molker"), die täglich ca. 1.500 Liter Milch nach Berlin lieferten. Zur Zeit der Herstellung dieser Fahne fand zwischen dem städtischen Milchhandel und den ländlichen Produzenten eine Auseinandersetzung um den Milchpreis statt, der "Berliner Milchkrieg".
Der geforderte Milchpreis war zu dieser Zeit in der Stadt überall unterschiedlich. Im Jahre 1900 bildete eine Mehrheit von Milchlieferanten aus dem Umland ein Preiskartell und gründete die Zentrale für Milchverwertung. Dem Kartell gelang es, den Abgabepreis von 11 Pfennigen auf 13,5 Pfennigen pro Liter anzuheben. Viele Milchhändler und Molkereien mussten den erhöhten Preis an die Verbraucher weitergeben, was zu organisierten Hausfrauenprotesten führte. Zu den Milchhändlern, die dem gegründeten Kartell Widerstand leisteten, gehörte auch Carl Bolle, der in dieser Zeit Milchlieferungen u. a. aus Dänemark, Polen und Böhmen nach Berlin organisierte. Nachdem ein fester Abgabepreis von 12 Pfennigen garantiert wurde, war der Milchkrieg 1905 beendet.