Der 1939 geborene Norbert Behrend war ab 1969 als freischaffender Grafiker in Berlin tätig. In seiner eigenen Druckwerkstadt setzte er Radierungen in kleinen Auflagen um. Das Material für seine Arbeiten generierte er u.a. auf unzähligen Streifzügen durch die Stadt, wobei er mit einer Kamera Vorlagen festhielt. Der Titel der vorliegenden Arbeit bezieht sich auf Giovanni Battista Piranesis Radierungsserie "Carceri d'Invenzione" (Erfundene Kerker). Was in Wirklichkeit eine Hinterhofansicht mit Gerüstkonstruktion ist, löste offenbar bei Behrend visuelle Assoziationen zu der Serie aus dem 18. Jahrhundert aus. Er gestaltete die Radierung entsprechend kontrastreich, um die Ähnlichkeit weiter zu steigern. Piranesis Radierungen zeigen verworrene Keller und Gewölbe mit vielzähligen Treppen, undefinierbaren Hebemechanismen, düsteren Schattengestalten und vergitterten Verliesen. Sie wurden oft nach psychologischen Gesichtspunkten interpretiert und als alptraumhafte Schreckensvisionen verstanden. Norbert Behrend betrachtet den von vom Verfall gezeichneten Hinterhof als real gewordenen Kerker, in dem sich alle Ängste und Abgründe der Menschheit widerspiegeln. Es handelt sich um einen 1972 abgerissenen Gebäudekomplex in Charlottenburg, der in Folge des Ausbaus der U-Bahn-Linie 7 in der 1970er Jahren vom Einsturz bedroht war. Die Gerüstkonstruktion diente zur Abstützung der Hauswände.
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