Der 1997 entstandene Siebdruck von Evelyn Kuwerts zeigt eines ihrer bevorzugten Themen: die Berliner Stadtlandschaften. Die Großbaustelle am Potsdamer Platz offenbart sich mit den Augen der Künstlerin als ein Panorama voller Rädchen, die ineinandergreifen, um die Lücke der Teilung zu schließen. Es wirkt, als schaute man einer Wunde beim Heilen zu. Die Grafik entstand nach der Vorlage eines vierteiligen Gemäldes mit dem gleichen Motiv in detaillierterer Ausführung. Die Künstlerin versteht sich in erster Linie als Beobachterin, die sich die Frage nach dem Wesen der Veränderung und des Vergessens stellt. Ihre Beobachtungsgabe zeigt sich an der minutiösen Dokumentation der Baustelle, die sie mit jedem Kran, jeder Absperrung und jedem Sandhaufen wiedergibt. Unterschwellig schwingen Reflexionen über das Gewesene und das Kommende mit, das im Begriff ist, die Spuren der Vergangenheit zu übertünchen.
Evelyn Kuwertz wurde 1945 in Bad Aussee in Österreich geboren. Nach einer Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin arbeitete sie vier Jahre in dem Beruf, bevor sie 1969 ihr Studium der freien Malerei an der Hochschule der Künste in Berlin (heute UdK) begann. In den 1970er und 80er Jahren engagierte sie sich für die Gleichberechtigung von Künstlerinnen.
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