Mit ihrer schwarz-weißen Grafik von 1990 betont Heidrun Thiede die elegant geschwungene Form des Jugendstil-Bahnhofs Mexikoplatz im Ortsteil Zehlendorf, der zuvor schon die Namen Zehlendorf-Beerenstraße, Zehlendorf-West und Lindenthaler Allee getragen hatte. Die detailreiche Darstellung der Künstlerin erinnert an den anspruchsvollen Zeichenstil zeitgenössischer Graphic Novels. Das menschenleere Bahnhofsgebäude hebt sich kontrastreich vom hellen Untergrund ab. Das „S“ für S-Bahn über seinem Eingangsportal ist spiegelverkehrt, was vermutlich der technischen Umsetzung der Radierung geschuldet ist. Die Bahnhofshalle war ein Schauplatz von Lesungen, Konzerten und Ausstellungen gewesen. 2001 wurde das denkmalgeschützte Gebäude an Investoren verkauft. Der Verkauf hatte die Schließung der Buchhandlung „Bücherei für Geisteswissenschaft und Soziale Frage“ von Manfred Kannenberg zur Folge, die dort seit 1976 ansässig gewesen war.
Die Künstlerin Heidrun Thiede wurde 1943 in Berlin-Neukölln geboren. Sie war 1975 Gründungsmitglied des Kreuzberger Künstlerkreises e.V. und war im Künstlerkreis Kreuzberger Boheme aktiv.