Der expressionistische Maler Karl Hofer (1878–1955) lehrte von 1921 bis zu einer Entlassung durch das NS-Regime 1934 als Professor an der Hochschule für die bildenden Künste in Berlin-Charlottenburg. Über 300 Werke Hofers wurden 1937 aus öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt, von denen einige auf der Ausstellung „Entartete Kunst“ vertreten waren. Ein Bombeneinschlag in sein Schöneberger Wohnhaus zerstörte den Großteil seines Oeuvres. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Hofer bis zu seinem Tod 1955 der erste Präsident der Hochschule für Bildende Künste in West-Berlin, der heutigen Universität der Künste. In dieser Zeit berief er zahlreiche bedeutende Künstler an die Hochschule, so auch 1949 Bernhard Heiliger, der zuvor seine Professur an der Ost-Berliner Hochschule Weißensee gekündigt hatte.
Der „Kopf Karl Hofer“ kennzeichnete den Durchbruch von Heiligers rasanter künstlerischer Karriere. Durch die Herausarbeitung der wesentlichen Gesichtszüge Hofers gelang es Heiliger, die Persönlichkeit des Dargestellten herauszuarbeiten: Während die Ohren durch Mulden angedeutet sind und der Schnurrbart als Wölbung dargestellt ist, stechen besonders die ausgearbeiteten hohlen Wangen, die Nase und der Blick Hofers mit den abfallenden Augenbrauen als Charakteristika heraus. Hanns Theodor Flemming schrieb hierzu in der ersten Monografie über Heiliger: „Nichts ist ‚naturgetreu‘ wiedergegeben, und doch stimmen Haltung, Blick, Profil und der feine pessimistische Zug um den Mund mit dem Aussehen des damals 73jährigen Malers überein.“ (Flemming, Hanns Theodor: Bernhard Heiliger, Berlin 1962, S. 166) Ein weiteres Merkmal des Kopfes ist die Ausarbeitung des Sockels. Die Umwandlung von Schulter und Hals der traditionellen Büste zu einer dynamischen, asymmetrischen Form, machte diese Arbeit in Verbindung mit der treffenden Charakterisierung des Dargestellten zu einer Ikone der 1950er Jahre. So galt der „Kopf Karl Hofer“ in der Einzelausstellung „Bernhard Heiliger: Skulpturen, Zeichnungen“ 1951 in der Galerie Bremer in Berlin-Wilmersdorf, die schon damals ein wichtiger kultureller Treffpunkt war und ab 1955 durch die von Hans Scharoun gestaltete Cocktailbar berühmt wurde, als Sensation. Will Grohmann, damaliger Wortführer der Abstraktion, äußerte sich wie folgt: „Die erregendste Arbeit ist diesmal ein Porträt, das Bildnis Karl Hofers. Es ist von entwaffnender Ähnlichkeit und gleichzeitig ganz und gar plastisch. Wie Heiliger das zuwege gebracht hat, ist rätselhaft. Es gibt heute für einen modernen Künstler nichts Schwierigeres als ein Porträt, denn wir gehen vom Allgemeinen zum Speziellen, d.h. wir individualisieren.“ (Grohmann, Will: Der jüngste der Prominenten: Bernhard Heiliger in der Galerie Bremer, in: Neue Zeitung, 6. September 1951.) Bereits im darauffolgenden Jahr, 1952, erhielt Heiliger eine offizielle Anerkennung seines Könnens: Der Kunstpreis der Stadt Köln wurde ihm ausdrücklich wegen des Porträts von Karl Hofer verliehen. Bis heute ist der Kopf sehr prominent in Heiligers Oeuvre vertreten – kein anderes Werk des Künstlers befindet sich in so vielen Sammlungen und wurde in einer derart hohen Auflage gegossen.