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Bernhard-Heiliger-Stiftung Die Köpfe

Die Köpfe

"Nach Kriegsende hatte sich Bernhard Heiliger mit besonderer Intensität der Porträtaufgabe gewidmet (...). Es gelang ihm, die Darzustellenden treffend zu charakterisieren und dennoch autonome Kunstwerke zu schaffen. Heiligers neuartige individuelle Auffassung umging die konventionelle Abbildlichkeit und schuf eine lebendige Einheit von physiognomischer Prägnanz und formaler Freiheit." (Vorwort, Ausstellungskatalog "Bernhard Heiliger. Die Köpfe", S. 9)

[ 22 Objekte ]

Kopf der Mutter

Anna Helene Heiliger, geborene Gensen (1881–1948), ist die Mutter von Bernhard Heiliger. Nach der Scheidung 1935 von ihrem Mann Hermann Johann Joseph Heiliger (1879–1941) war Anna Helene Heiliger finanziell auf sich alleine gestellt und zog mit ihren beiden jüngsten Kindern Lieselotte (1911–1962) und Bernhard in eine kleinere Wohnung. Trotz des gesellschaftlichen Abstiegs vom Mittelstand ins Kleinbürgertum und den damit einhergehenden finanziellen Sorgen konnte der junge Heiliger mithilfe von staatlicher Förderung seine künstlerische Ausbildung abschließen. Das Porträt entstand im Rahmen des Bildhauereistudiums beim Bauhaus-Schüler Kurt Schwerdtfeger (1897–1966) an der Werkschule für Gestaltende Arbeiten in Stettin. Bei dem Gips-Original handelt es sich um die früheste bekannte Arbeit Heiligers, die noch sehr naturalistisch ausgeführt ist. Als die Luftangriffe auf Stettin um 1941 zunahmen, holte Bernhard Heiliger seine Mutter nach Berlin, wo er seit 1938 Bildhauerei an der Vereinigten Staatsschule für Freie und Angewandte Kunst bei Arno Breker (1900–1991), einem der meistbeschäftigen Bildhauer im NS-Regime, studierte. Nach Heiligers Einberufung zum Kriegsdienst im Juli 1941 nach Küstrin und der späteren Versetzung an die sowjetische Front wurde seine Mutter Anna Helene Heiliger von der Familie der Schwiegertochter Ruth Maria Heiliger, geborene Linde, in Hohen Neuendorf aufgenommen. Bernhard Heiliger gelang es unter Mitwirkung Brekers vom Wehrdienst freigestellt zu werden, sodass er ab Oktober 1942 sein Studium in Berlin fortsetzen konnte. Als Heiliger im September 1944 wieder einberufen wurde, umging er den erneuten Dienst an der Front, in dem er sich vom Truppenübungsplatz Munsterlager in der Lüneburger Heide zurückzog. Daraufhin kam Heiliger bei unterschiedlichen Freunden in Norddeutschland unter, so u.a. bei Susanne Harder in St. Peter-Ording. Ende 1945 kehrte der Künstler schließlich nach Berlin zu seiner Frau Ruth, den Kindern Jutta (*1939), Stefan (*1941), Anita (*1942), seiner Mutter und den Schwiegereltern zurück. Im darauffolgenden Jahr fand die Familie ein eigenes Haus in Hohen Neuendorf, in dem Anna Helene Heiliger bis zu ihrem Tod im November 1948 zusammen mit ihrer Schwiegertochter und ihren Enkeln lebte.

Kopf Susanne Harder I (Kopf S. H. I, Frauenkopf, Kopf einer Frau)

Die Fotografin Susanne Harder (1916–1999) verband eine enge Freundschaft mit dem Ehepaar Bernhard und Ruth Heiliger. Ihr Mann, Siegfried Harder, der im Krieg als vermisst galt und später für tot erklärt wurde, hatte mit Bernhard Heiliger zusammen in Stettin an der Kunstgewerbeschule studiert. Nachdem Siegfried Harder nicht zurückkehrte, nahm Susanne Harder ihren alten Beruf als Fotografin wieder auf und ließ sich in St. Peter-Ording nieder. Im April 1948 war die Kopfplastik auf Heiligers erster Einzelausstellung in der 1946 gegründeten Galerie Bremer in Berlin-Wilmersdorf zu sehen, die schon damals als wichtiger kultureller Treffpunkt galt und ab 1955 durch die von Hans Scharoun gestaltete Cocktailbar berühmt wurde. Der „Kopf Susanne Harder I“ war als Hauptwerk auf dem Faltblatt abgebildet. Als Reaktion auf die Ausstellung erschienen zahlreiche Berichte in der Presse sowie erste ausführliche Würdigungen von Heiligers Werk, u.a. am 9. April im Tagesspiegel vom Kunsthistoriker und Publizisten Edwin Redslob (1884–1973). Heiliger berichtete der Freundin Susanne Harder stolz in einem Brief im September 1948 von den ersten musealen Ankäufen dieser Plastik: „Dein Kopf ist für die Neue Nationalgalerie der Stadt Berlin erworben worden, außerdem auch von dem Moritzburg-Museum in Halle.“ Heiligers Fokus bei der Ausarbeitung des Kopfes liegt auf dem Ausdruck. Der „Kopf Susanne Harder I“ versprüht durch das markante Lächeln der Dargestellten Leichtigkeit und Heiterkeit und verweist durch klare Flächen auf erste abstrahierende Tendenzen, die spätere Werke kennzeichnen. Bereits 1948 entsteht ein zweites Porträt der Fotografin, dessen Verbleib nicht bekannt ist. Der „Kopf Susanne Harder II“ fällt durch eine weitere Reduzierung in der Formensprache auf – Heiliger stellt die Augen nur noch als abstrahierte Kreise mit einem Punkt als Pupille dar.

Kopf Gerda Schimpf (Kopf G. S., Frauenkopf)

Bernhard Heiliger kannte die Porträt- und Kunstfotografin Gerda Schimpf (1913–2014) seit der frühen Nachkriegszeit. Schimpf eröffnete 1946 ihr eigenes Fotoatelier und porträtierte viele bekannte Persönlichkeiten der Zeit wie Karl Hofer, Heinz Trökes und Renée Sintenis. Auch von Heiliger machte sie bis weit in die 1950er Jahre sowohl Porträt- als auch Atelieraufnahmen und fotografierte seine Werke. Von 1959 bis 1978 lehrte Schimpf als Dozentin für Fotografie am Berliner Lette-Verein. Heiligers Darstellung offenbart eine markante Strenge und Reduktion, die als Vorstufe für die ein Jahr später entstehenden anonymen und sehr abstrahierten Figurenköpfe gesehen werden kann (WV111 Kopf einer Figur I, 1949; WV112 Kopf einer Figur II, 1949, WV113 Frauenkopf, 1949 und WV114 Kopfplastik, 1949). Dies äußert sich u.a. in der Ausarbeitung der Augen, die durch waagerechte Einkerbungen angedeutet sind.

Frauenkopf (Weiblicher Kopf)

Während die ersten Köpfe Heiligers mit ausgearbeiteten Details in den Gesichtszügen noch sehr naturgetreu sind (Vgl. WV1 Kopf der Mutter), reduziert er in den darauffolgenden Jahren seine Formensprache immer mehr. Der „Frauenkopf“ von 1949 steht exemplarisch hierfür. Es gibt keine markanten Details in Form von Falten, die Oberfläche ist stattdessen durch klare Flächen gekennzeichnet. Die Augen werden als kleine Kreise mit einem eingeritzten Punkt in der Mitte dargestellt, Nase und Mund sind ebenfalls mit nur feinen, kleinen Erhebungen ausmodelliert, die Ohren minimal angedeutet. Heiliger geht es bei dem Kopf nicht mehr um eine physiognomische Bildnistreue, sondern um den Kopf als biomorphes, organisches Gebilde, dessen Linien fließen. Die dadurch entstehende Dynamik ist charakteristisch für Heiligers Arbeiten.

Kopf Eline McKnight

Die Künstlerin und Mäzenin Eline McKnight (1910–2000) wuchs als Kind holländischer Eltern in Japan auf. 1925 zog die Familie in die USA, wo Eline McKnight an der Columbia University in New York, an der Art Students‘ League und der Yale School of Fine Arts studierte. Zusammen mit ihrem Ehemann, dem Juristen und Diplomaten Maxwell McKnight (1911–1994), lebte sie ab 1947 in Berlin-Dahlem. Das Haus der McKnights, das sich im selben Ortsteil wie das Atelier- und Wohnhaus von Bernhard Heiliger befand, galt als Treffpunkt für kulturelle Abende zwischen Künstlern und Intellektuellen. 1952 verließ das Ehepaar Berlin, zog zunächst nach Paris und schließlich wieder nach New York. Eline McKnight hielt jedoch weiterhin Kontakt nach Europa, was sich u.a. in häufigen Besuchen äußerte. Das Porträt von Heiliger entstand in zeitlicher Nähe zu der von McKnight initiierten Ausstellung „Berliner Künstler“ 1950 in Bonn. Im Grußwort des Katalogs heißt es: „Das Komitee wurde in selbstloser Hilfsbereitschaft durch Mrs. Eline McKnight unterstützt, von der die entscheidende Anregung zu der Ausstellung in Bonn ausging.“ Der androgyn wirkende Kopf besticht durch seine dynamische Linienführung, die an den Umriss einer Sanduhr erinnert. Durch eine reduzierte Formensprache und die starke Betonung des Halses, gelingt Heiliger ein harmonisches Spannungsverhältnis zwischen Kopf und Hals.

Kopf Lix Piontek (Kopf L.)

Alice Kamp-Piontek (1914–2012), die von ihren Freunden Lix genannt wurde, gehörte seit 1934 zu den engen Bekannten des Schriftstellers und Musikwissenschaftlers Karl Ludwig Skutsch (1905–1958), der ab 1946 der erste künstlerische Leiter des neu gegründeten Haus am Waldsee war. Das Ausstellungshaus präsentierte vor allem in der NS-Zeit verfemte Künstlerinnen und Künstlern sowie junge nationale und internationale Maler und Bildhauer, darunter Karl Schmidt-Rottluff, Renée Sintenis, Pablo Picasso und Henry Moore. Skutsch widmete im Winter 1950 auch Heiliger eine große Einzelausstellung. Nach der Eröffnung im Februar bat Heiliger Alice Kamp-Piontek, die er seit Herbst 1949 kannte, von ihr ein Porträt machen zu dürfen. Nach insgesamt vier Sitzungen in seinem Dahlemer Atelier hatte der Bildhauer den Kopf fertiggestellt, der insbesondere durch die Zusammenführung von Hals und Haaren heraussticht. Neben dem dadurch entstandenen neuartigen Abschluss für den Kopf, sind die ausgeprägten Wangenknochen und Augenhöhlen markant in der Darstellung. So besticht das Gips-Original durch eine schwungvolle Linienführung von konkaven und konvexen Partien.

Kopf Karl Hofer (Kopf Carl Hofer)

Der expressionistische Maler Karl Hofer (1878–1955) lehrte von 1921 bis zu einer Entlassung durch das NS-Regime 1934 als Professor an der Hochschule für die bildenden Künste in Berlin-Charlottenburg. Über 300 Werke Hofers wurden 1937 aus öffentlichen Sammlungen beschlagnahmt, von denen einige auf der Ausstellung „Entartete Kunst“ vertreten waren. Ein Bombeneinschlag in sein Schöneberger Wohnhaus zerstörte den Großteil seines Oeuvres. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Hofer bis zu seinem Tod 1955 der erste Präsident der Hochschule für Bildende Künste in West-Berlin, der heutigen Universität der Künste. In dieser Zeit berief er zahlreiche bedeutende Künstler an die Hochschule, so auch 1949 Bernhard Heiliger, der zuvor seine Professur an der Ost-Berliner Hochschule Weißensee gekündigt hatte. Der „Kopf Karl Hofer“ kennzeichnete den Durchbruch von Heiligers rasanter künstlerischer Karriere. Durch die Herausarbeitung der wesentlichen Gesichtszüge Hofers gelang es Heiliger, die Persönlichkeit des Dargestellten herauszuarbeiten: Während die Ohren durch Mulden angedeutet sind und der Schnurrbart als Wölbung dargestellt ist, stechen besonders die ausgearbeiteten hohlen Wangen, die Nase und der Blick Hofers mit den abfallenden Augenbrauen als Charakteristika heraus. Hanns Theodor Flemming schrieb hierzu in der ersten Monografie über Heiliger: „Nichts ist ‚naturgetreu‘ wiedergegeben, und doch stimmen Haltung, Blick, Profil und der feine pessimistische Zug um den Mund mit dem Aussehen des damals 73jährigen Malers überein.“ (Flemming, Hanns Theodor: Bernhard Heiliger, Berlin 1962, S. 166) Ein weiteres Merkmal des Kopfes ist die Ausarbeitung des Sockels. Die Umwandlung von Schulter und Hals der traditionellen Büste zu einer dynamischen, asymmetrischen Form, machte diese Arbeit in Verbindung mit der treffenden Charakterisierung des Dargestellten zu einer Ikone der 1950er Jahre. So galt der „Kopf Karl Hofer“ in der Einzelausstellung „Bernhard Heiliger: Skulpturen, Zeichnungen“ 1951 in der Galerie Bremer in Berlin-Wilmersdorf, die schon damals ein wichtiger kultureller Treffpunkt war und ab 1955 durch die von Hans Scharoun gestaltete Cocktailbar berühmt wurde, als Sensation. Will Grohmann, damaliger Wortführer der Abstraktion, äußerte sich wie folgt: „Die erregendste Arbeit ist diesmal ein Porträt, das Bildnis Karl Hofers. Es ist von entwaffnender Ähnlichkeit und gleichzeitig ganz und gar plastisch. Wie Heiliger das zuwege gebracht hat, ist rätselhaft. Es gibt heute für einen modernen Künstler nichts Schwierigeres als ein Porträt, denn wir gehen vom Allgemeinen zum Speziellen, d.h. wir individualisieren.“ (Grohmann, Will: Der jüngste der Prominenten: Bernhard Heiliger in der Galerie Bremer, in: Neue Zeitung, 6. September 1951.) Bereits im darauffolgenden Jahr, 1952, erhielt Heiliger eine offizielle Anerkennung seines Könnens: Der Kunstpreis der Stadt Köln wurde ihm ausdrücklich wegen des Porträts von Karl Hofer verliehen. Bis heute ist der Kopf sehr prominent in Heiligers Oeuvre vertreten – kein anderes Werk des Künstlers befindet sich in so vielen Sammlungen und wurde in einer derart hohen Auflage gegossen.

Kopf Ganga (J. H.)

Die Identität der Dargestellten konnte bisher nicht ermittelt werden. Laut Auskunft von Alice Kamp-Piontek (1914–2012), die bereits 1950 von Heiliger porträtiert wurde und zum engen Bekanntenkreis des ersten Leiters vom Haus am Waldsee, Karl Ludwig Skutsch (1905–1958), gehörte, handelt es sich um eine Journalistin, die Heiliger nur flüchtig kannte. In der Ausführung des Kopfes legte der Künstler seinen Fokus auf die Nase und den Mund – die Ohren dagegen sind wie so oft bei Heiliger nur angedeutet und die Augen durch erhabene Kreise dargestellt, deren Pupillen mit punktförmigen Einritzungen markiert sind. Zudem sticht im Profil der große Hinterkopf samt angedeutetem Haarschopf heraus, der einen fast symmetrischen Ausgleich zum Gesicht offenbart. Der „Kopf Ganga“, dessen Namen möglicherweise auf die hinduistische Göttin des Flusses Ganges referiert, wurde u.a. auf der ersten documenta 1955 in Kassel zusammen mit den Köpfen von Karl Hofer und Ernst Reuter präsentiert.

Kopf Ernst Reuter

Der Berliner Bürgermeister Ernst Reuter (1889-1953) ging während der Berlin-Blockade 1948 mit seiner Rede „Ihr Völker der Welt…“ vor dem zerstörten Reichstag in die Geschichte ein. Seit 1912 Mitglied der SPD, beteiligte sich Reuter nach seiner Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft und der darauffolgenden Tätigkeit als Volkskommissar im Siedlungsgebiet der Wolgadeutschen in Saratow ab 1918 am Aufbau der KPD in Deutschland. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die Parteilinie folgte 1922 der Parteiausschluss, woraufhin Reuter in die SPD zurückkehrte, für die er von 1926 bis 1931 als Stadtrat für das Verkehrswesen in Berlin arbeitete. Anschließend war er Oberbürgermeister von Magdeburg, bis er 1932 in den Reichstag gewählt wurde. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Reuter als Staatsfeind aus seinen Ämtern entlassen und bis September 1934 zweimal in das KZ Lichtenburg bei Torgau eingewiesen. Anschließend gelang ihm 1935 die Flucht aus Deutschland über Großbritannien ins türkische Exil. In Ankara arbeitete Reuter im Wirtschafts- und Verkehrsministerium sowie ab 1938 als Dozent für Stadtplanung. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte der Politiker 1946 nach Berlin zurück, wo er von 1947 bis zu seinem Tod 1953 das Amt des Berliner Bürgermeisters innehatte. Da zu Lebzeiten weder ein Bildnis noch eine Plastik von Ernst Reuter angefertigt wurde, regte seine Witwe Hanna Reuter an, dieses Versäumnis nachzuholen. Nachdem zunächst Gerhard Marcks und Richard Scheibe, der bereits die Totenmaske abgenommen hatte, in Erwägung gezogen wurden, fiel die Wahl schließlich auf Bernhard Heiliger als ausführender Bildhauer. Fast zeitgleich erteilten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die Reuter 1928 gegründet hatte, bereits einen ersten Porträtauftrag an den Künstler. Beide Werke wurden anlässlich des ersten Todestags des ehemaligen Bürgermeisters am 29. September 1954 in zwei aufeinanderfolgenden Feierstunden vor dem Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses in Schöneberg sowie im Hauptgebäude der BVG am Kleistpark aufgestellt. Da sich die Varianten kaum in ihrer Ausführung unterscheiden, wurde mit dem dritten Werkverzeichnis ab 2005 eine Differenzierung aufgehoben. Der Kopf Ernst Reuter gehört zu den wenigen Porträtauftragswerken des Künstlers, der in einer sehr hohen Auflage gegossen wurde und heute u.a. in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York vertreten ist. Da Heiliger den Kopf postum anfertigte, musste er für die Gestaltung auf Fotografien und wenige Filmaufnahmen zurückgreifen, anhand derer er die Persönlichkeit Reuters herausarbeitete. Der leicht geöffnete Mund sowie die nach oben gezogenen Augenbrauen zeigen Reuter in der Mimik eines Redners. Heiliger präsentiert die Augen des Dargestellten als, in dieser Werkphase typisch, kreisrunde Einkerbungen in einer abstrakten Form. Auch die nur leicht ausgearbeiteten Ohren sind ein Merkmal seiner Köpfe sowie der individuelle Abschluss der abstrakten Halsform, die ohne die Andeutung von Schultern auskommt.

Kopf Katherine Dunham

Die US-amerikanische Tänzerin, Choreografin, Anthropologin und Bürgerrechtlerin Katherine Dunham (1909–2006) zählte zu den schillernden Bühnenpersönlichkeiten der 1940er und 1950er Jahre. Sie studierte Tanz und Anthropologie an der University of Chicago, an der sie zu den ersten afroamerikanischen Studierenden zählte. Ihre Dissertation „Dances of Haiti“ von 1946 gilt als bahnbrechende Studie, welche die Anthropologie des Tanzes als akademische Disziplin begründete. 1931, im Alter von 21 Jahren, gründete Dunham das Ballet Nègre in Chicago, eines der ersten schwarzen Ballettensembles der USA. Es folgten zahlreiche Aufträge als Tänzerin und Choreografin in Musicals, Kabaretts und Opern, so u.a. für das Musical „Cabin in the Sky“ (1941) und die Tanzfilme „Pardon My Sarong” (1942) und „Stormy Weather” (1943). In ihrer 1945 gegründeten New Yorker Tanzschule entwickelte sie die Dunham-Technik, die noch heute als Grundlage des modernen Tanzes gilt und von afrikanischen und karibischen Tänzen abgeleitet ist. Dunham wurde als erste afroamerikanische Choreografin von der Metropolitan Opera in New York engagiert. Hier war sie u.a. 1963 für die Tänze zu Verdis „Aida“ verantwortlich. Als Bürgerrechtlerin setzte sie sich zudem für die Rechte haitianischer Flüchtlinge ein und wurde 1991 zur Ehrenbürgerin des Inselstaates ernannt. Im Mai 1954 ging Dunham zum ersten Mal in Deutschland auf Tournee und spielte vom 15. bis zum 23. Mai im traditionsreichen Berliner Titania-Palast. Bernhard Heiliger hatte zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin, der Lettin Ragnvi Mietens, eine der ersten Aufführungen besucht und war begeistert. Durch seine Freundschaft zu Karl Ludwig Skutsch und dessen vielfältige Kontakte, gelang es ihm, das gesamte Ensemble zu einem Empfang ins Hochschulatelier zu laden, bei dem er Katherine Dunham davon überzeugte, einen Kopf von sich anfertigen zu lassen. Die Sitzung fand am 24. Mai in Heiligers Atelier in der Hochschule statt und wurde von den namhaften Fotografen Fritz Eschen und Herbert Tobias begleitet. Der daraus entstandene Kopf fällt besonders durch seine innovative und schwungvolle Sockellösung auf, die den Hals der Dargestellten auf einen winzigen Punkt hin verjüngt. Ein weiteres Charakteristikum des Kopfes sind die beibehaltenen Gusskanäle am Hinterkopf, die an Federn eines exotischen Vogels erinnern.

Kopf Philippe d'Arschot

Philippe Graf d’Arschot Schoonhoven (1908–1986) stammte aus einer der ältesten Familien Belgiens, aus der flandrischen Stadt Aarschot. Er studierte an der katholischen Universität in Leuven Archäologie und Kunstgeschichte und veröffentlichte 1935 einen Novellenband mit dem Titel „La nuit sur Mytilene“. In den 1940er Jahren publizierte der Kunsthistoriker zudem Werke über die Gattung des Porträts, die belgische Malerei sowie die moderne ägyptische Kunst. Zugleich galt d’Arschot als Förderer der zeitgenössischen Kunst, indem er u.a. die Gruppe CoBrA unterstützte und eine der größten privaten Sammlungen moderner Kunst aufbaute. Seit 1950 war Philippe d‘Arschot im Beirat der internationalen Ausstellung für Bildhauerkunst im Antwerpener Middelheimpark, an der Bernhard Heiliger erstmals 1953 mit einer Figurengruppe teilnahm („Große Zweifigurengruppe“, 1950). Durch häufige Berlin-Besuche des Grafen, auch bei Karl Hartung und Hans Uhlmann, entwickelte sich eine fast freundschaftliche Verbindung zwischen Heiliger und d’Arschot. Als Heiliger mit der großen Aluminiumplastik „Figurenbaum“ (1957–1958), die heute im Garten des Kanzlerbungalows in Bonn steht, an der Weltausstellung in Brüssel 1958 teilnahm, wohnte er bei dem Grafen. In den darauffolgenden Jahren brach der Kontakt zwischen den beiden jedoch langsam ab – Philippe d’Arschot verlor das Interesse an zeitgenössischer Kunst und konzentrierte sich stattdessen auf den Aufbau einer Sammlung von antiken chinesischen Jadestücken. Der von Heiliger gestaltete „Kopf Philippe d’Arschot“ wächst förmlich aus den Schultern des Dargestellten heraus, die zusammen mit dem Hals ein Dreieck bilden. Ähnliche Lösungen für den Abschluss des Kopfes wählte der Künstler bei den Porträts von Eline McKnight (1950) und Karl Hofer (1951). Während Heiliger die Nase und den Mund des Grafen naturalistisch herausarbeitet, deutet er die Augen und Ohren lediglich abstrakt durch Wölbungen und punktförmige Einritzungen an. Neben der Büste hat Heiliger eine Medaille mit dem Profil des Grafen für die seit Jahrhunderten von der Familie gepflegte Münzsammlung mit Köpfen der d’Arschots entworfen.

Kopf Ernst Schröder

Mit dem Schauspieler Ernst Schröder (1915–1994) verband Bernhard Heiliger seit Anfang der 1950er Jahre eine lange und intensive Freundschaft. Schröder begann seine Karriere als Schauspieler 1934 beim Intendanten Saladin Schmitt (1883–1951) am Schauspielhaus in Bochum. Daraufhin spielte er am Stadttheater in Kiel und ab 1937 im Berliner Schiller-Theater unter dem Intendanten Heinrich George (1893–1946). Als Schröder Ende 1940 zum Kriegsdienst eingezogen wird, kehrte er 1942 nach schwerer Verwundung nach Berlin zurück und gehörte bis 1945 weiterhin dem Ensemble des Schiller-Theaters an. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete Schröder bis 1949 die städtische Schauspielschule. Neben der Tätigkeit als Lehrbeauftragter für Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin von 1949 bis 1951 überzeugte Schröder als Charakterdarsteller an verschiedenen Bühnen in Berlin, München, Zürich und Wien sowie in Fernsehspielen und Filmen, so u.a. in „Der Hauptmann und sein Held“ (1955), „Stresemann“ (1957) und „Der Besuch“ (1963). Ebenfalls große Anerkennung fanden seine eigenen Inszenierungen, zu denen u.a. „Die Trauung“ (1968) im Schiller-Theater oder „Besuch der alten Dame“ (1975) an den Münchner Kammerspielen gehörten. Im Mai 1966 inszenierte Ernst Schröder am Berliner Schiller-Theater „Faust II“ mit Wilhelm Borchert als Faust und Erich Schellow als Mephisto. Das Bühnenbild wurde von Bernhard Heiliger gestaltet, der sich den Überredungskünsten seines Freundes beugte, eine solche ihm ungewohnte Arbeit anzunehmen. Bereits 1951 hatte der Bildhauer im Zuge des Neuaufbaus des durch Bomben zerstörten Theaters ein fast dreißig Meter langes Relief in der Vorhalle installiert. Dies war Heiligers erster großer Kunst am Bau-Auftrag. Ab 1975 lebte Schröder zurückgezogen auf seinem Weingut in der Toskana und widmete sich u.a. seinen Memoiren. Darin beschreibt er auch die tiefe Verbundenheit zu seinem Freund Heiliger: „Seit den fünfziger Jahren fühle ich mich mit dem Bildhauer Bernhard Heiliger freundschaftlich verbunden, wir sind vom gleichen Jahrgang. […] Die Freundschaft mit Heiliger ist beruhigend. […] Man braucht einen Freund, bei dem man ausruhen kann, der nicht nur fordert. Bei dem man seine Pfeife raucht und sich besinnt. Oder bei dem man vergessen kann. Dies können wir gemeinsam, uns besinnen und vergessen, und es spielt sich zwischen Heiliger, der aus Pommern stammt, und mir, dem Westfalen, meist stumm ab. […] Wir konnten irgendeine unwichtige Neuigkeit austauschen und uns dabei vor einen Bogen Papier setzen und anfangen zu zeichnen. Er von der rechten Seite und ich von der linken, oder umgekehrt. Manchmal mit Filzstiften oder, bei großen Bögen, mit Farbe. Wenn wir uns in der Mitte getroffen hatten, setzte jeder noch ein ‚Zeichen‘ in das Feld des anderen. Wir nannten es ‚Gezeichnete Dialoge‘. Solche Dinge fanden meistens bei mir zu Hause statt oder im Restaurant. Einige Blätter haben wir aufgehoben.“ (Ernst Schröder: Das Leben – verspielt, Frankfurt am Main 1978, S. 224ff.) Der „Kopf Ernst Schröder“ besticht durch eine charaktervolle Darstellung des Schauspielers, die Heiliger trotz der Reduktion und Abstraktion der Augenpartie gelingt. Während die Nase und der Mund naturalistisch ausgearbeitet sind, stellt Heiliger die Augäpfel durch hervorkommende Wölbungen dar, in denen die Pupillen eingekerbt sind. Da der Fokus auf den Gesichtszügen liegt, sind die Ohren des Schauspielers nur angedeutet. Auffällig im Zementguss ist zudem eine das Gesicht rahmende Linie, die üblicherweise im Zuge des Gussvorgangs verschliffen wird. Die bewusste Beibehaltung der Furchen stellt das Gesicht des Schauspielers als Maske dar und kann so auf die unterschiedlichen Rollen Schröders verweisen.

Kopf Wibrandis Gelzer (Kopf W. G.)

Wibrandis Turrettini (*1926), geborene Staehelin und damals noch Gelzer, lebte von 1955 bis 1957 mit ihrem damaligen Ehemann Dr. Michael Gelzer (1916–1999), dem Ersten Sekretär der Schweizerischen Delegation, in Berlin. In dieser Zeit lernte sie durch Vermittlung der Schweizerin Annemarie Bänninger Bernhard Heiliger kennen, der oft zu Gast bei Bänningers Künstlerabendessen war. Nach insgesamt vier Ateliersitzungen hatte Heiliger das Tonmodell des „Kopfes Wibrandis Gelzer“ fertiggestellt – das Ehepaar Gelzer war jedoch bereits nach Basel zurückberufen, sodass sie keine genaue Kenntnis über den Verbleib des Porträts hatten. Die gemeinsame Freundin Bänninger wiederum entdeckte einige Jahre später das Modell in Heiligers Atelier und ließ im Einverständnis des Künstlers einen Bronzeguss herstellen, den sie zu Wibrandis in die Schweiz schickte. Der in Gips gegossene Kopf befindet sich heute in der Bernhard-Heiliger-Stiftung. In einem Brief an die Stiftung äußerte sich Wibrandis Turrettini im Mai 2000 zu ihrer Beziehung zur Kunst: „Der Motor in meinem Leben war immer wieder die Freude am heutigen Kunstschaffen.“ Der „Kopf Wibrandis Gelzer“ sticht insbesondere durch seine ungewöhnliche, asymmetrische Kopfform heraus, die durch die Frisur der Dargestellten bestimmt wird – ein streng zusammengebundener Dutt, ein Chignon, der am Hinterkopf in einem Dreieck ausläuft. Die vorderen, kürzer geschnittenen Haare rahmen das schmale Gesicht der Frau und werden von Heiliger durch markante Wölbungen herausgearbeitet.

Kopf Fänn Schniewind

Franziska Schniewind (1898–1980), genannt Fänn, war die Tochter des Unternehmers und Firmenchefs der 1832 gegründeten Henkell & Co. Sektkellerei Otto Henkell (1869–1929). Als ambitionierte Golfspielerin war sie von 1934 bis 1939 Nationalspielerin und heiratete 1929 in zweiter Ehe den ebenfalls leidenschaftlichen Golfspieler und rheinländischen Textilfabrikanten Willy Schniewind (1890–1978). Das Ehepaar Schniewind pflegte enge Kontakte zu zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, so auch zu Bernhard Heiliger, der sie häufig in Velbert-Neviges in der Nähe von Wuppertal besuchte. Die umfangreiche Kunstsammlung der Schniewinds umfasst Werke der Klassischen Moderne und abstrakten Nachkriegskunst u.a. von Ernst Ludwig Kirchner, Georges Braque, Oskar Schlemmer, Günther Uecker und Gerhard Richter. Als eine der ersten deutschen Sammlungen kauften die Schniewinds in den 1960er Jahren Werke der US-amerikanischen Pop-Art. Der enge Kontakt des Sammlerehepaars zu den Künstlern führte häufig zu Porträtaufträgen – neben den Köpfen von Heiliger existieren Porträts von Max Beckmann, Otto Dix, Georg Meistermann, Arman und Gyorgy Stefula. Der von Heiliger gestaltete „Kopf Fänn Schniewind“ fällt ähnlich wie der „Kopf Wibrandis Gelzer“ durch seine asymmetrische Form auf, die durch die lockige Frisur der Dargestellten entsteht. Die wenigen detailliert ausgearbeiteten Partien, wie die herabfallenden Augenlider und der geöffnete Mund geben trotz gleichzeitiger Reduktion in der Formensprache ein charakteristisches Porträt Fänn Schniewinds wieder. Im langen dünnen Hals deutet Heiliger durch eingeritzte Punkte zudem eine Perlenkette an – wieder ein markantes Detail, welches seine stets individuellen und zum Teil außergewöhnlichen Ausführungen der Halspartie kennzeichnen.

Kopf Kurt Martin I

Der Kunsthistoriker Kurt Martin (1899–1975) studierte nach seinem Einsatz als Soldat im Ersten Weltkrieg ab 1920 Philosophie und Kunstgeschichte bei Edmund Husserl (1859–1938), Martin Heidegger (1889–1976) und Hans Jantzen (1881–1967) an der Universität Freiburg. Anschließend promovierte er mit einer Arbeit über die Nürnberger Steinplastik im 14. Jahrhundert bei Heinrich Wölfflin (1864–1945) an der Universität München. Martin begann 1927 ein Volontariat an der Kunsthalle Mannheim und wechselte danach an das Badische Landesmuseum in Karlsruhe. 1935 wurde er zum Direktor der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe berufen – diese Position hatte er bis 1956 inne. Von 1940 bis 1945 war Martin zudem Generaldirektor der Oberrheinischen Museen, zu denen die Museen von Freiburg, Colmar und Straßburg zählten sowie das Straßburger Münster. Die Rolle Martins während des NS-Regimes ist aufgrund seiner kontinuierlichen Anstellung als Direktor teils umstritten. Die Kunsthistorikerin und Provenienzforscherin Dr. Tessa Rosebrock schlussfolgert dennoch, dass Martin trotz seiner äußeren Anpassungen in innerer Opposition zum NS-Regime gestanden habe (Vgl. Rosebrock, Tessa Friederike: Kurt Martin und das Musée des Beaux-Arts de Strasbourg. Museums- und Ausstellungspolitik im ‚Dritten Reich‘ und in der unmittelbaren Nachkriegszeit, Berlin 2012). Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges engagierte sich Kurt Martin aktiv um internationale Kooperationen, indem er u.a. das bis heute existierende International Council of Museums (ICOM) mitbegründete und über zehn Jahre Präsident des deutschen Nationalkomitees war. Zudem setzte Martin neue Maßstäbe in der Museumsstruktur und gründete 1951 die erste in Deutschland existierende eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit in der Kunsthalle Karlsruhe. 1954 bekam der Museumsdirektor das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Von 1956 bis zu seiner Pensionierung 1964 leitete Martin als Generaldirektor die Bayerische Staatsgemäldesammlung. Neben Arnold Bode, Werner Haftmann, Alfred Hentzen und Hans Mettel war Kurt Martin Mitglied im Arbeitsausschuss der ersten documenta 1955 in Kassel. Hier entstand der Kontakt zu Bernhard Heiliger, der dort u.a. mit seinen Köpfen von Karl Hofer, Ganga und Ernst Reuter vertreten war. Auch die zweite documenta 1959 wurde von Martin mitkonzipiert und präsentierte zwei Werke von Heiliger: Neben einer großen Reliefstele war auch der „Kopf Kurt Martin II“ ausgestellt. Der „Kopf Kurt Martin I“ besticht vor allem durch die bildhauerische Lösung der Darstellung der Brille des Museumsleiters. Heiliger kam zu einer ähnlichen Lösung wie 1948 bei Max Planck, indem er die transparente Brille mit den Augen verschmelzen ließ und sie als kleine Einkerbungen in den Brillengläsern darstellt. Sowohl die energische Kinnpartie als auch die nach unten zeigenden schmalen Mundwinkel verleihen Kurt Martin seine charakteristische Mimik. Die leicht schräge Anbringung des Bronzegusses auf der Sockelplatte lassen den Kopf in dynamischer Haltung erscheinen. Dies wird durch die Umrisslinie des Profils bestärkt, die spitz auf einen Punkt am Halsende zuläuft.

Kopf Kurt Martin II

Der Kunsthistoriker Kurt Martin (1899–1975) studierte nach seinem Einsatz als Soldat im Ersten Weltkrieg ab 1920 Philosophie und Kunstgeschichte bei Edmund Husserl (1859–1938), Martin Heidegger (1889–1976) und Hans Jantzen (1881–1967) an der Universität Freiburg. Anschließend promovierte er mit einer Arbeit über die Nürnberger Steinplastik im 14. Jahrhundert bei Heinrich Wölfflin (1864–1945) an der Universität München. Martin begann 1927 ein Volontariat an der Kunsthalle Mannheim und wechselte danach an das Badische Landesmuseum in Karlsruhe. 1935 wurde er zum Direktor der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe berufen – diese Position hatte er bis 1956 inne. Von 1940 bis 1945 war Martin zudem Generaldirektor der Oberrheinischen Museen, zu denen die Museen von Freiburg, Colmar und Straßburg zählten sowie das Straßburger Münster. Die Rolle Martins während des NS-Regimes ist aufgrund seiner kontinuierlichen Anstellung als Direktor teils umstritten. Die Kunsthistorikerin und Provenienzforscherin Dr. Tessa Rosebrock schlussfolgert dennoch, dass Martin trotz seiner äußeren Anpassungen in innerer Opposition zum NS-Regime gestanden habe (Vgl. Rosebrock, Tessa Friederike: Kurt Martin und das Musée des Beaux-Arts de Strasbourg. Museums- und Ausstellungspolitik im ‚Dritten Reich‘ und in der unmittelbaren Nachkriegszeit, Berlin 2012). Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges engagierte sich Kurt Martin aktiv um internationale Kooperationen, indem er u.a. das bis heute existierende International Council of Museums (ICOM) mitbegründete und über zehn Jahre Präsident des deutschen Nationalkomitees war. Zudem setzte Martin neue Maßstäbe in der Museumsstruktur und gründete 1951 die erste in Deutschland existierende eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit in der Kunsthalle Karlsruhe. 1954 bekam der Museumsdirektor das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Von 1956 bis zu seiner Pensionierung 1964 leitete Martin als Generaldirektor die Bayerische Staatsgemäldesammlung. Neben Arnold Bode, Werner Haftmann, Alfred Hentzen und Hans Mettel war Kurt Martin Mitglied im Arbeitsausschuss der ersten documenta 1955 in Kassel. Hier entstand der Kontakt zu Bernhard Heiliger, der dort u.a. mit seinen Köpfen von Karl Hofer, Ganga und Ernst Reuter vertreten war. Auch die zweite documenta 1959 wurde von Martin mitkonzipiert und präsentierte zwei Werke von Heiliger: Neben einer großen Reliefstele war auch der „Kopf Kurt Martin II“ ausgestellt. Der „Kopf Kurt Martin II“ läuft im Profil ähnlich wie der „Kopf Kurt Martin I“ spitz auf einen Punkt am Halsende zu und erhält dadurch seine dynamische Gesamtwirkung. Auch die Ausarbeitung der energischen Kinnpartie und die nach unten zeigenden schmalen Mundwinkel verweisen in ihrer Darstellung auf die erste Variante. Im Gegensatz zu dieser wird Martin hier jedoch ohne Brille dargestellt – seine Augen sind als runde Erhebungen mit eingeritzten Pupillen ausgearbeitet.

Kopf Walter Gropius

Der deutsch-amerikanische Architekt Walter Gropius (1883–1969) gilt bis heute als einer der Pioniere der modernen Architektur. Nach seinem Studium in München und Berlin arbeitete er von 1908 bis 1910 im Büro des Architekten und Industriedesigners Peter Behrens (1868–1940), der vor allem für seine Tätigkeiten bei der AEG bekannt ist und als Begründer der modernen, sachlichen Industriearchitektur gilt. Anschließend eröffnete Gropius sein eigenes Architekturbüro und erlangte mit seinem ersten Bau, dem Faguswerk in Alfeld an der Leine, sogleich internationale Anerkennung. Nach dem Ersten Weltkrieg, in welchem Gropius als Soldat schwer verwundet wurde, trat der Architekt 1919 die Nachfolge von Henry van de Velde (1863–1957) als neuer Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst in Weimar an. Gropius benannte die Schule in Staatliches Bauhaus Weimar um und führte Kunst und Handwerk zusammen, was sich u.a. in dem neuen Lehrplan äußerte, der einführende Kurse über Form, Farbe und Beschaffenheit von Materialien für die Studierenden aller Fächer verpflichtend machte. 1925 wurde das Staatliche Bauhaus nach Dessau in das von Gropius entworfene und seit 1996 als UNESCO-Weltkulturerbe geltende Bauhaus-Gebäude verlegt. Drei Jahre später trat Gropius als Direktor des Bauhauses zurück, um als freischaffender Architekt wieder vermehrt Aufträge entgegen zu nehmen – seine Nachfolger bis zur Schließung der Schule 1933 durch das NS-Regime waren Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe. Gropius widmete sich ab 1928 vor allem der Planung von Wohnsiedlungen und wirkte u.a. beim Bau der Siedlung Dessau-Törten und der Berliner Siemensstadt mit. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Gropius nach London, wo er bis zu seiner Berufung 1937 als Professor an die Graduate School of Design der Harvard University in Cambridge/Massachusetts (USA) mit dem britischen Architekten Maxwell Fry (1899–1987) zusammenarbeitete. In den USA gründete Gropius 1946 das Architektenteam „The Architects Collaborative“ (TAC), mit dem er viele der darauffolgenden Projekte realisierte, u.a. das PAN AM Building 1952 in New York. Für die 1957 geplante Internationale Bauausstellung Interbau, zu der namhafte Architekten des Modernen Bauens eingeladen wurden, das vom Krieg zerstörte Hansaviertel neu zu gestalten, realisierte Gropius einen heute unter Denkmalschutz stehenden neungeschossigen Wohnblock, dessen Südfassade durch eine konkave Krümmung charakterisiert ist. Im Zuge der Eröffnung der Interbau kam es auch zu einer kurzzeitigen Aufstellung von Heiligers „Großer Nike“ im Hansaviertel. 1959 wurde Gropius mit der Planung einer kompletten Wohnstadt im Berliner Südosten beauftragt, der heutigen Gropiusstadt, deren Grundsteinlegung 1962 erfolgte. Der Kontakt zwischen Walter Gropius und Bernhard Heiliger kam durch Wils Ebert (1909–1979) zustande, der wie Heiliger Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Charlottenburg war und bereits 1933/34 als Mitarbeiter von Gropius war und in der Nachkriegszeit mit ihm an dessen Berliner Projekten zusammenarbeitete. Historische Fotografien zeugen von den Ateliersitzungen, in denen Heiliger das Gesicht in Ton modellierte. Im Vergleich zu den anderen Kopfplastiken der Zeit, fertigte Heiliger ein sehr naturalistisches Porträt des Bauhaus-Gründers an, das ähnlich wie seine erste Skulptur, „Kopf der Mutter“, altersbedingte, spezifische Gesichtszüge herausstellt, u.a. markante Nasolabialfalten sowie erschlaffte Unterlider. Durch die runde Einkerbung der Pupillen rekurriert Heiliger jedoch im Detail auf seine abstrakteren Kopfdarstellungen und hebt dadurch den „Kopf Walter Gropius“ vom „Kopf der Mutter“ ab.

Kopf Theodor Heuss

Als erstes Staatsoberhaupt der noch jungen Bundesrepublik Deutschland prägte Theodor Heuss (1884–1963) dieses Amt maßgeblich und mahnte in seinen unzähligen Reden vor dem Verdrängen und Vergessen der Vergangenheit. Insbesondere seine Rede zur Einweihung der Gedenkstätte Bergen-Belsen ist durch das Bekenntnis „wir haben von den Dingen gewusst“ bis heute bekannt. Nach dem Studium der Nationalökonomie von 1902 bis 1905 in München und Berlin arbeitete Heuss als Redakteur verschiedener Zeitschriften, wie „Die Hilfe“ und „März“. Als Anhänger des Theologen Friedrich Naumann (1860–1919), der 1918 die liberale DDP (Deutsche Demokratische Partei) gründete, trat Heuss der Partei im selben Jahr bei. Von 1924 bis 1928 sowie von 1930 bis 1933 saß er als Abgeordneter der DDP im Reichstag. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor Heuss sein Reichstagsmandat sowie seine Dozentur an der Deutschen Hochschule für Politik, die er seit 1920 innehatte. In den 1930er und 1940er Jahren verfasste Heuss mehrere Biografien, u.a. über Friedrich Naumann sowie über den Architekten Hans Poelzig (1869–1936). Nach Kriegsende wurde Heuss zum Kultusminister des Landes Württemberg-Baden ernannt. Als Mitglied des Parlamentarischen Rats war er maßgeblich an der Ausarbeitung des Grundgesetzes beteiligt, welches im Mai 1949 in Kraft trat. Zudem war Heuss ab 1948 Vorsitzender der neu gegründeten FDP. Von 1949 bis 1959 vertrat er die noch junge Bundesrepublik Deutschland als erster Bundespräsident. Ab 1950 diente ihm die Villa Hammerschmidt in Bonn als Amtssitz, in dessen Garten seit 1968 Heiligers Bronzeskulptur „Montana I“ steht. Als Bundespräsident übernahm Heuss die Schirmherrschaft über die erste documenta 1955 in Kassel sowie die zweite documenta 1959 – dort waren u.a. Heiligers Köpfe von Karl Hofer und Ernst Reuter ausgestellt. Der „Kopf Theodor Heuss“ gehört neben dem „Kopf Ernst Reuter“ zu den wenigen Porträtaufträgen von Heiliger. Das Bundesland Baden-Württemberg betraute den Künstler 1960 mit der Anfertigung einer Büste des Altbundespräsidenten für das Stuttgarter Schloss. Der erhaltene Briefwechsel zwischen dem Politiker und dem Bildhauer belegt, dass eine Terminfindung zunächst schwierig war – Heuss hatte sich über eine ausbleibende Rückmeldung Heiligers echauffiert: „Aber kein Künstler soll meinen, daß ich mich geehrt fühle, von ihm nachgebildet zu werden; es muß nicht sein. […] deshalb meine Frage, wie viele Sitzungen Sie brauchen und wie wir Ihre eventuellen Termindispositionen mit meinen in Einklang bringen. Aber – verzeihen Sie, es geht doch nicht gut an, daß Sie auf meine Fragen einfach keine Antwort geben. Ich möchte wünschen, daß Sie das selber einsehen und sich darnach einrichten.“ (Archiv der Bernhard-Heiliger-Stiftung, Brief von Theodor Heuss an Bernhard Heiliger, 26. August 1960) Schließlich antwortete Heiliger – die Sitzung werde „wenig Zeit in Anspruch nehmen und ohne ‚Belästigung‘ vonstatten gehen.“ (Theodor Heuss. Privatier und Elder Statesman. Briefe 1959–1963, hrsg. von Frieder Günther, Berlin/Boston 2014, S. 227) Die erste Modellsitzung erfolgte 1960 in Stuttgart, im April 1961 wurde der Kopf fertiggestellt. Heiliger stellt den Altbundespräsidenten als nachdenklichen Mann dar, dessen Blick nach unten gerichtet ist. Die zusammengezogenen Augenbrauen sowie das Stirnrunzeln, das durch drei leichte Einkerbungen mit den Fingerkuppen markiert ist, unterstreichen den kontemplativen Ausdruck. Die asymmetrische Silhouette des Kopfes und der zum Sprechen geöffnete Mund geben dem Werk eine dynamische Gesamtwirkung.

Kopf Ernst May

Der Architekt Ernst May (1886–1970) gilt als Begründer der Trabantenstädte und wichtiger Stadtplaner in Deutschland. Nach seinem Architekturstudium in London, Darmstadt und München von 1907 bis 1913 wurde er im Ersten Weltkrieg zum Wehrdienst einberufen. Anschließend arbeitete er von 1919 bis 1925 als technischer Leiter der Schlesischen Landgesellschaft in Breslau. In dieser Zeit entwickelte er sein innovatives Konzept der Trabantenstadt – eine dezentrale Siedlung, welche durch Eisenbahnstrecken mit der Kernstadt verbunden ist. 1925 wechselte May nach Frankfurt am Main und war dort bis 1930 als Stadtbaurat für das Wohnungsbauprojekt Neues Frankfurt verantwortlich. Hier suchte er gemeinsam mit seinem Architektenstab nach Siedlungskonzepten aus erschwinglichem Wohnraum sowie besseren sozialen und hygienischen Bedingungen. Die Lösung bot eine industrialisierte Bauweise mit vorgefertigten Bauteilen in Zeilenbauweise und Dachterrassen. Von 1930 bis 1933 arbeitete May als Chefingenieur des Städte- und Siedlungsbaus in der UdSSR, wo er Generalbebauungspläne vor allem für Industriestädte entwarf – sein Erweiterungskonzept für die Region Moskau wurde jedoch nicht umgesetzt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte May nach Ostafrika, wo er zunächst als Farmer im heutigen Tansania arbeitete. 1937 eröffnete er ein eigenes Architekturbüro in Nairobi (Kenia). Aufgrund seiner deutschen Herkunft und der weltweiten Kriegssituation gelangte May von 1940 bis 1942 in britische Haft. Schließlich kehrte der Architekt 1954 nach Deutschland zurück und leitete bis 1956 die Planungsabteilung der Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft „Neue Heimat“ in Hamburg. 1958 erhielt May den Auftrag der Gesamtaufbauplanung für Mainz und drei Jahre später für Wiesbaden. Zudem war er 1959 einer der Gründungsmitglieder der Akademie der Künste in West-Berlin und bis 1963 stellvertretender Direktor der Sektion Baukunst. In dieser Zeit, vermutlich anlässlich des 75. Geburtstages des Stadtplaners, entstand der „Kopf Ernst May“, dessen Blick den Betrachtenden direkt fokussiert. Typisch für Heiligers Kopfplastiken sind die Pupillen des Dargestellten als kleine punktförmige Einkerbungen markiert. Ansonsten ist die Augenpartie im Vergleich zu den Köpfen von Ernst Reuter oder Ernst Schröder verhältnismäßig naturalistisch ausgearbeitet, ebenso die Nase und der Mund. Durch wenige, gezielt gesetzte Graten und Furchen, bspw. an der Stirn, verleiht der Bildhauer dem massigen Kopf Plastizität uns Spannung. May selbst äußerte sich sehr zufrieden über die Ausführungen Heiligers, als er den Bronzeguss im Juli 1962 erhielt: „Mein Konterfei ist wohl behalten eingetroffen, und ich kann Sie nur beglückwünschen zu der hervorragenden Leistung, die Sie vollbracht haben. Meine Frau und ich finden den Kopf ausgezeichnet und sind vor allem beglückt über die kraftvolle Technik, mit der Sie die Aufgabe bewältigt haben.“ (Brief von Ernst May an Bernhard Heiliger, 17. Juli1962, Archiv für Bildende Kunst, Nürnberg)

Kopf Ludwig Erhard

Ludwig Erhard (1897–1977) prägte mit seinem Ziel „Wohlstand für alle“ von 1949 bis 1963 als Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland die ökonomische und politische Entwicklung in der Nachkriegszeit und gilt vielen bis heute als „Vater des Wirtschaftswunders“ und der Sozialen Marktwirtschaft. Nach seiner kaufmännischen Lehre in Nürnberg diente Erhard als Soldat im Ersten Weltkrieg und überlebte diesen schwer verwundet. Im Anschluss studierte er Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre in Nürnberg und Frankfurt am Main. Während der NS-Zeit arbeitete Erhard als Marktforscher und Wirtschaftsberater im „Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware“ sowie im von ihm gegründeten „Institut für Industrieforschung“. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte Erhard schnell in hohe politische Ämter: Von 1945 bis 1946 war er als Wirtschaftsminister in Bayern tätig, von 1948 bis 1949 Direktor des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, von 1949 bis 1963 wurde er unter Kanzler Konrad Adenauer (1876–1967) zum Bundesminister für Wirtschaft ernannt und von 1963 bis 1966 vertrat er als zweiter Bundeskanzler die Bundesrepublik Deutschland. Während seiner Kanzlerschaft ließ Erhard den sogenannten Kanzlerbungalow in Bonn erbauen, in dessen Garten Heiligers Skulptur „Figurenbaum“ steht. Bis zu seinem Tod 1977 blieb der CDU-Politiker Mitglied des Deutschen Bundestages. Der „Kopf Ludwig Erhard“ war ein Auftragswerk der Industrie- und Handelskammer anlässlich des 65. Geburtstages des populären Wirtschaftsministers. Postalisch dankte Erhard Bernhard Heiliger für die Arbeit und sprach seine Zufriedenheit aus: „Ein Künstler von Ihrem Rang und Namen ist gewiß nicht auf den Beifall eines Laien angewiesen, aber vielleicht bin ich doch etwas mehr und spüre im Innersten den reifen Ausdruck eines gestaltenden und ringenden Menschen. Jedenfalls möchte ich nicht versäumen, auch Ihnen mittelbar für dieses wertvolle Geburtstagsgeschenk der Industrie- und Handelskammer zu Berlin aufrichtig zu danken.“ (Brief von Ludwig Erhard an Bernhard Heiliger, 10. September 1962, Archiv der Bernhard-Heiliger-Stiftung) Ohne Halsansatz ist der „Kopf Ludwig Erhard“ mithilfe einer Eisenstange auf der Plinthe montiert. Der angedeutete Seitenscheitel und die leicht nach unten stehenden Mundwinkeln der schmalen Lippen kennzeichnen den Wirtschaftsminister, dessen Pupillen als kleine punktförmige Einkerbungen ausgearbeitet sind. Das Auftragswerk zählt zu einem der letzten Kopf-Arbeiten des Künstlers.

Kopf Martin Heidegger

Martin Heidegger (1889–1976) gehört zu den einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Aufgrund seiner damaligen Mitgliedschaft in der NSDAP sowie antisemitischer Äußerungen ist sein Werk jedoch heute umstritten. Heidegger studierte ab 1909 Theologie und Philosophie in Freiburg. 1913 promovierte er und bereits zwei Jahre später habilitierte er. Zwar wurde Heidegger 1915 zum Militärdient einberufen, aus gesundheitlichen Gründen war er für Kampfeinsätze jedoch nicht tauglich. Nach dem Ersten Weltkrieg lehrte er ab 1923 als Professor in Marburg, 1928 wurde Heidegger nach Freiburg als Nachfolger Edmund Husserls (1859–1938) berufen, dessen Assistent er Anfang der 1920er Jahre war. Bereits ein Jahr zuvor publizierte Heidegger sein Hauptwerk „Sein und Zeit“. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Heidegger 1933 zum Rektor der Freiburger Universität berufen, von dessen Amt er ein Jahr später zurücktrat. Nach Kriegsende wurde Heidegger im Rahmen des Entnazifizierungsverfahren ein Lehrverbot verhängt, welches 1950 endete. Bernhard Heiliger lernte den Philosophen über die gemeinsame Mitgliedschaft in der Akademie der Künste kennen. Im Oktober 1964 eröffnete Galerist und Verleger Franz Larese (1927–2000) eine Heiliger-Ausstellung in der Galerie im Erker im schweizerischen St. Gallen, für dessen Katalog Heidegger das Grußwort schrieb: „Lieber Bernhard Heiliger! Die Stunde in ihrer Werk-Statt – ich sag lieber so – hat meinen Blick geöffnet für das, was Ihr Werk heute den Heutigen und Kommenden zu sagen vermag. Sagen heißt: zeigen. Und Sie zeigen das Aufgehen der Erde in den uns verhüllten Himmel. Ihre Werke stellen nichts mehr dar – sie stellen uns in den Aufenthalt im Zwischen von Erde und Himmel – die ins befreiende Freie wachsende Bewegung selber und gerade sie wird offenbar – eine Verklärung (nicht Idealisierung) des Seins – aus einem verborgenen Quell. Geheimnis wohnt in ihrer Werk-Statt. Einen freundlichen Gruß Ihr Martin Heidegger.“ (Bernhard Heiliger, Ausst.-Kat., Galerie im Erker, St. Gallen 1964, S. 18) Einen Tag nach der Eröffnung fand die erste Porträtsitzung Heideggers statt, hierzu schrieb er an seine Frau: „Gestern nachmittag war die Eröffnung der Ausstellung der Berliner Mitglieder der Akademie. Heiliger, der bedeutendste, hat mich auf Wunsch der Lareses am Vormittag in zwei Stunden in Ton modelliert […]; es war erstaunlich, wie er in der kurzen Zeit arbeitete; heut muß ich noch einmal sitzen.“ („Mein liebes Seelchen!“ Briefe Martin Heideggers an seine Frau Elfride 1915–1970, hrsg. von Gertrud Heidegger, München 2005, S. 353) Der „Kopf Martin Heidegger“ ist einer der letzten Kopfplastiken in Heiligers Oeuvre. Im Gegensatz zu den Köpfen aus den 1950er Jahren, die durch ihre neuartigen und abstrahierten Halsabschlüsse und Formen herausstachen, kehrte Heiliger in seinen späteren Köpfen zu einer naturalistischeren und klassischeren Arbeitsweise zurück. Marc Wellmann schreibt daher, dass die Grenzen dieses Genres für Heiliger erreicht gewesen wären (Vgl. Marc Wellmann: Martin Heidegger, in: Bernhard Heiliger. Die Köpfe, hrsg. von Marc Wellmann, Ausst.-Kat., Berlin u.a. 2000, Köln 2000, S. 118). Während der Zementguss des Kopfes direkt an einer Eisenstange montiert ist, fällt der Bronzeguss durch seinen ungewöhnlichen, langen Granitsockel auf, der dem Kopf sogleich eine andere Wirkung gibt. Neben der Kopfplastik existieren zudem drei Lithografien, die im Auftrag der Galerie im Erker entstanden sind und das Profil des Philosophen zeigen. Die limitierte Auflage von 200 Stück wurde sowohl von Heidegger als auch von Heiliger signiert. Es handelt sich um die einzigen Porträtdarstellungen in Heiligers grafischem Werk.

Kopf Martin Heidegger

Martin Heidegger (1889–1976) gehört zu den einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Aufgrund seiner damaligen Mitgliedschaft in der NSDAP sowie antisemitischer Äußerungen ist sein Werk jedoch heute umstritten. Heidegger studierte ab 1909 Theologie und Philosophie in Freiburg. 1913 promovierte er und bereits zwei Jahre später habilitierte er. Zwar wurde Heidegger 1915 zum Militärdient einberufen, aus gesundheitlichen Gründen war er für Kampfeinsätze jedoch nicht tauglich. Nach dem Ersten Weltkrieg lehrte er ab 1923 als Professor in Marburg, 1928 wurde Heidegger nach Freiburg als Nachfolger Edmund Husserls (1859–1938) berufen, dessen Assistent er Anfang der 1920er Jahre war. Bereits ein Jahr zuvor publizierte Heidegger sein Hauptwerk „Sein und Zeit“. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Heidegger 1933 zum Rektor der Freiburger Universität berufen, von dessen Amt er ein Jahr später zurücktrat. Nach Kriegsende wurde Heidegger im Rahmen des Entnazifizierungsverfahren ein Lehrverbot verhängt, welches 1950 endete. Bernhard Heiliger lernte den Philosophen über die gemeinsame Mitgliedschaft in der Akademie der Künste kennen. Im Oktober 1964 eröffnete Galerist und Verleger Franz Larese (1927–2000) eine Heiliger-Ausstellung in der Galerie im Erker im schweizerischen St. Gallen, für dessen Katalog Heidegger das Grußwort schrieb: „Lieber Bernhard Heiliger! Die Stunde in ihrer Werk-Statt – ich sag lieber so – hat meinen Blick geöffnet für das, was Ihr Werk heute den Heutigen und Kommenden zu sagen vermag. Sagen heißt: zeigen. Und Sie zeigen das Aufgehen der Erde in den uns verhüllten Himmel. Ihre Werke stellen nichts mehr dar – sie stellen uns in den Aufenthalt im Zwischen von Erde und Himmel – die ins befreiende Freie wachsende Bewegung selber und gerade sie wird offenbar – eine Verklärung (nicht Idealisierung) des Seins – aus einem verborgenen Quell. Geheimnis wohnt in ihrer Werk-Statt. Einen freundlichen Gruß Ihr Martin Heidegger.“ (Bernhard Heiliger, Ausst.-Kat., Galerie im Erker, St. Gallen 1964, S. 18) Einen Tag nach der Eröffnung fand die erste Porträtsitzung Heideggers statt, hierzu schrieb er an seine Frau: „Gestern nachmittag war die Eröffnung der Ausstellung der Berliner Mitglieder der Akademie. Heiliger, der bedeutendste, hat mich auf Wunsch der Lareses am Vormittag in zwei Stunden in Ton modelliert […]; es war erstaunlich, wie er in der kurzen Zeit arbeitete; heut muß ich noch einmal sitzen.“ („Mein liebes Seelchen!“ Briefe Martin Heideggers an seine Frau Elfride 1915–1970, hrsg. von Gertrud Heidegger, München 2005, S. 353) Der „Kopf Martin Heidegger“ ist einer der letzten Kopfplastiken in Heiligers Oeuvre. Im Gegensatz zu den Köpfen aus den 1950er Jahren, die durch ihre neuartigen und abstrahierten Halsabschlüsse und Formen herausstachen, kehrte Heiliger in seinen späteren Köpfen zu einer naturalistischeren und klassischeren Arbeitsweise zurück. Marc Wellmann schreibt daher, dass die Grenzen dieses Genres für Heiliger erreicht gewesen wären (Vgl. Marc Wellmann: Martin Heidegger, in: Bernhard Heiliger. Die Köpfe, hrsg. von Marc Wellmann, Ausst.-Kat., Berlin u.a. 2000, Köln 2000, S. 118). Während der Zementguss des Kopfes direkt an einer Eisenstange montiert ist, fällt der Bronzeguss durch seinen ungewöhnlichen, langen Granitsockel auf, der dem Kopf sogleich eine andere Wirkung gibt. Neben der Kopfplastik existieren zudem drei Lithografien, die im Auftrag der Galerie im Erker entstanden sind und das Profil des Philosophen zeigen. Die limitierte Auflage von 200 Stück wurde sowohl von Heidegger als auch von Heiliger signiert. Es handelt sich um die einzigen Porträtdarstellungen in Heiligers grafischem Werk.

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