Der in Berlin geborene Künstler Sigurd Kuschnerus (1933-2022) war ausgebildeter Glasmaler und Mosaiksetzer und ab 1959 war als freier Maler und Grafiker tätig. Er war im Künstlerkreis Kreuzberger Boheme aktiv. Während einer Zeit, in der die Malerei von Abstraktion dominiert war, waren Kuschnerus‘ Gemälde und Grafiken ab den 1970ern von einer immer stärkeren Stilisierung und später von einer fast foto-realistischen Gegenständlichkeit gekennzeichnet.
Neben Landschaften und Porträts war Kuschnerus vor allem für seine Häuserbilder bekannt. Hierbei galt sein Interesse nicht den glanzvollen Touristen-Spots, sondern sachlichen Darstellungen von Gebäuden „im Hintergrund“: Fabriken, Brandmauern und Kriegsruinen sowie Hinterhofansichten, wie in der vorliegenden Radierung zu sehen. Die Komposition – der Ausblick aus dem Obergeschoß einer Berliner Mietskaserne auf den verschneiten Innenhof und die dahinterliegende Straße – ist am rechteckigen Bildformat orientiert und geometrisch aufgebaut. Die räumliche Gliederung der Häuserfragmente fängt sowohl die Größe als auch die Enge der Wohnblockstruktur ein. Hier und da brechen einzelne Details wie die verschneiten Baumkronen, deren kahles Geäst das Stahl-Gerippe der Dachantenne widerspiegelt, die strenge geometrischen Struktur wieder auf.
