Am Ende der ersten Werkphase, der sogenannten „Bronzezeit“, verändert Heiliger die Strukturen seiner Bronzeskulpturen noch einmal deutlich: Die aufgerissenen und zerklüfteten Oberflächen werden glatter und sind stellenweise poliert, wodurch ein spannungsreiches Wechselspiel zwischen der dunklen Patina und den goldglänzenden Partien entsteht. Erstmals setzt der Künstler diesen Materialkontrast bei den Bronzestelen der „Vertikalen Motive“ ein, die er für den Skulpturenhof der Neuen Nationalgalerie entwarf. Hier sind die organischen Plastiken als Gegenstück zu dem von Mies van der Rohe konzipierten geometrischen Museumsbau mit seiner Stahl-Glas-Fassade installiert.
Heiliger entwickelte die drei „Vertikalen Motive“ aus Fragmenten der „Vegetativen Säule“, die im Hof der Liebigschule in Frankfurt am Main steht. Für den Guss der Säule wurde das entsprechende Gipsmodell in drei Hauptabschnitte zerlegt, die als Grundlage für die „Vertikalen Motive“ dienten.
Zwei der Stelen, das „Vertikale Motiv I“ und das „Vertikale Motiv III“, stehen in einem länglichen Wasserbecken und wirken, als würden sie direkt aus dem Wasser emporwachsen. Die polierten Bronzepartien spiegeln die Wasseroberfläche, die ursprünglich von kleinen Fontänen belebt wurde. Das „Vertikale Motiv II“ dagegen ist auf einem Sockel erhöht neben dem Wasserbecken positioniert. Diese gestalterische Anordnung kreiert ein dynamisches Wechselspiel zwischen den einzelnen Stelen.
Leicht nach hinten versetzt, steht das „Vertikale Motiv III“ zwischen den anderen beiden Bronzen in der Ecke des Wasserbeckens. Vergleichbar mit dem „Vertikalen Motiv II“ entwickelt es sich aus einem breiten, scheibenartigen Standfuß, der sich nach oben verjüngt. Auf die schmale, gewundene Säule ist eine großflächige organische Form gesetzt, die auf der einen Seite goldpoliert ist, während die andere Seite dunkel patiniert erscheint. Als Gegenpart zu der großflächigen Polierung im oberen Drittel der Plastik, markiert Heiliger eine zweite, kleine polierte Fläche im schmalen Säulenschaft.